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29. Mär 2023

Landschaftsholz: Anspruchsvoll, da sehr feucht und mit hohem Feinanteil. Bild: Holzenergie Schweiz

Christian Peter: Landwirt und Produzent klimafreundlicher Wärme aus Landschaftsholz. Bild: Christian Peter, Energie Münchwilen AG

Herzstück des Wärmeverbundes Murgtal: Der Kessel mit 700 Kilowatt Leistung. Bild: Holzenergie Schweiz

Sorgt für saubere Luft: Elektrostatischer Feinstaubabscheider. Bild: Holzenergie Schweiz

Holzenergie Schweiz: Ungenutztes Landschaftsholz könnte Wärme für 100'000 Wohnungen liefern

(Holzenergie Schweiz) Eine schöne Landschaft zeichnet sich durch Waldränder, Baum- und Buschstreifen entlang von Strassen, Böschungen oder Bachläufen aus und bietet vernetzte Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Zudem glänzt sie mit einer hohen Biodiversität. Bei ihrer Bewirtschaftung fallen grosse Mengen Holz an, das sich wegen seiner Qualität fast nur als Energieholz eignet.


Schöne Landschaften sind eine Wohltat für Auge und Seele und beherbergen zahllose Naturschätze. Ohne jahrhundertelange Bewirtschaftung gäbe es sie nicht, unser Land wäre überwiegend bewaldet. Schöne Landschaften sind somit ein Kulturprodukt, ein Abbild der Bedürfnisse vieler Generationen nach Nahrungsmitteln, Viehfutter und Holz. Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat viele schöne Landschaften zum Verschwinden gebracht. Der Mensch hat in den letzten Jahren ihren Wert wieder entdeckt und damit begonnen, sie zu erhalten oder mittels Renaturierungen flächenmässig auszudehnen.

Hecken, Baum- und Buschstreifen...
Ein zentrales Element sind Hecken, Baum- und Buschstreifen, Einzelbäume oder Gebüsch- und Baumgruppen. Es wächst also viel Holz in schönen Landschaften. Bei der Landschaftspflege fallen grosse Holzmengen an. Meistens Laubholz mit einem hohen Anteil von Astmaterial und Rinde. Das Sortiment eignet sich kaum für die Herstellung von Brettern oder Balken, sondern fast ausschliesslich für die energetische Nutzung.

Zusätzliches Potenzial: Wärme für 100'000 Wohnungen
Eine Studie der Bundesämter für Energie und für Umwelt aus dem Jahr 2009 schätzt das nachhaltig nutzbare Potenzial an Landschaftsholz auf rund 700'000 Kubikmeter (Festmeter) pro Jahr ein. Diese Menge könnte bei nachhaltiger Bewirtschaftung jedes Jahr als Energieholz Verwendung finden. Genutzt werden jedoch lediglich etwa 300'000 Kubikmeter. Davon gut 50'000 Kubikmeter als Stückholz, meist im ländlichen Raum für Kachelöfen und Stückholzkessel. Der grössere Teil – knapp 250'000 Kubikmeter – wurden 2021 zu 700'000 Kubikmetern Holzschnitzeln verarbeitet und in dafür geeigneten Anlagen genutzt.

Stattliche 400'000 Kubikmeter
Das heute ungenutzte Potenzial umfasst somit stattliche 400'000 Kubikmeter. Ein Kubikmeter Laubholz mit einem geringen Anteil von Nadelholz entspricht energetisch etwa 250 Litern Heizöl. Mit dem brachliegenden Potenzial des Landschaftsholzes lassen sich 100'000 durchschnittlich isolierte Wohnungen mit je 100 Quadratmetern Wohnfläche klimafreundlich beheizen (Heizölverbrauch pro Wohnung und Jahr: 1'000 Liter).

Allesfresser machen aus Landschaftsholz wertvolle Energie
Die Qualität des Landschaftsholzes bedingt eine Anlagentechnik, die mit dem hohen Feinanteil, den Ästen, der Rinde, der heterogenen Zusammensetzung und der oft hohen Feuchtigkeit des Materials zurechtkommt. Bestehenden Anlagen stellen oft hohe Anforderungen an die Schnitzelqualität. Sie sind nicht in der Lage, Landschaftsholz zu nutzen. Es braucht dafür regelrechte «Allesfresser»: robuste Vorschubrostfeuerungen mit einer Leistung ab etwa 300 Kilowatt kommen in Frage. Einige hundert zusätzliche solcher «Allesfresser» sind in der Schweiz nötig, um das Landschaftsholz nachhaltig energetisch zu nutzen. Sie sollten so schnell wie möglich gebaut werden.

Beispielhafter Allesfresser in Münchwilen
Wie die Nutzung von Landschaftsholz in der Praxis erfolgreich umsetzbar ist, zeigt Christian Peter mit dem Wärmeverbund Murgtal im thurgauischen Münchwilen. 2013 gründeten Priska und Christian Peter sowie Bruno Wick die Energie Münchwilen AG und betreiben heute drei Heizzentralen mit Wärmenetzen: Seit 2014 den Wärmeverbund Münchwilen, seit 2017 den Wärmeverbund Eschlikon und seit 2020 den Wärmeverbund Murgtal, der überwiegend mit Landschaftsholz versorgt wird. Das Holz für den Verbund Murgtal liefert grösstenteils ein Unternehmer, der Spezialholzerei sowie Garten- und Landschaftspflege betreibt. Zudem befindet sich neben der Heizzentrale ein Abladeplatz, an dem Gartenbaufirmen und Private ihr Holz anliefern können. Der Platz ist offen und unbeaufsichtigt, die Qualität des angelieferten Holzes ist deshalb manchmal sehr schlecht. Trotzdem ist es ein wertvoller, einheimischer, erneuerbarer und klimafreundlicher Brennstoff, den es im Rahmen der dringend nötigen Energiewende konsequent und nachhaltig zu nutzen gilt.


Technische Daten der Holzschnitzel-Heizzentrale Murgtal

  • Besitzer der Heizzentrale: Energie Münchwilen AG
  • Betreiber der Heizzentrale: Energie Münchwilen AG, Christian Peter
  • Heizkessel: Schmid, UTSR-700, Baujahr 2019
  • Nennwärmeleistung: 700 kW
  • Wärmeleistungsbereich des Kessels: 210 – 700 kW
  • Rauchgasbehandlung: Elektrostatischer Abscheider, MeisterFilter, Typ 12.2R250-S
  • Brennstoff: Holzschnitzel aus Landschafts- und Gartenpflege
  • Brennstoffqualität: Hoher bis sehr hoher Fein-, Rinden-, Nadelanteil, feucht bis nass (Wassergehalt w = 30 - 50%)
  • Brennstoffbedarf aktuell: ca. 1'500 m3 Holzschnitzel pro Jahr
  • Brennstoffsilo: 150 m3 netto, reicht für ca. 2-3 Wochen, Volllastbetrieb
  • Substitution fossile Energie: ca. 150 Tonnen Heizöläquivalent pro Jahr
  • CO2-Einsparung: ca. 450 Tonnen pro Jahr
  • Speicher zur Brechung Bedarfsspitzen: rund 27’000 Liter
  • Abgasbehandlung (Feinstaubreduktion): Elektrostatischer Abscheider
  • Holzlieferanten: Gartenbauunternehmer, Private
  • Herkunft des Holzes: Schwerpunkt Region Münchwilen, Kanton TG, z.T. auch ZH und SG
  • Gaskessel oder Ölkessel: Nein
  • Anteil Gas/Öl an Energieproduktion: 0 Prozent
  • Wärmeleitungen (Kunststoffmantelrohre): Ca. 1200 m’ (Trasseemeter)
  • Betriebstemperatur Wärmenetz: 68 - 78°C

Christian Peter: "Das ist uns sehr gut gelungen, und die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass wir auf das richtige Pferd gesetzt haben"

Fragen an Christian Peter, Energie Münchwilen AG

Holzenergie Schweiz: Woher bezieht der Wärmeverbund Murgtal sein Landschaftsholz und wie ist die Versorgung organisiert?
Christian Peter: Hauptlieferant ist ein Unternehmer (Wick Baumpflege, Zuzwil) aus dem Bereich Spezialholzerei, Garten- und Landschaftspflege. Zudem liefern verschiedene Gartenbaubetriebe und Private ihr Holz direkt auf unseren Abladeplatz. Sobald der Platz voll ist, bestellen wir einen Unternehmer, der uns das Holz hackt. Die Verschiebung in den Schnitzelsilo erledige ich selbst mit dem Kipper. Das Holz stammt aus der Region, aber auch aus weiter entfernt liegenden Orten, an denen der Unternehmer Aufträge ausführen darf.

Verursacht die Verbrennung von Landschaftsholz einen, vergleichsweise höheren Aufwand? Braucht der Heizkessel besondere Eigenschaften, damit Landschaftsholz verbrannt werden kann?

Das Holz ist aufgrund seiner Qualität und hohen Feuchte ein anspruchsvoller Brennstoff. Der bei uns installierte Kessel hat zum Glück keine Probleme bei der Verbrennung. Ich bin für die Wartung und den Pikettdienst verantwortlich und freue mich, dass wir seit der Inbetriebnahme 2020 nur sehr wenige Störungen zu verzeichnen haben. Bei der Ausschreibung des Projekts sind uns potentielle Kessellieferanten abgesprungen, als sie die Qualität des Holzes gesehen haben. Man muss die Besonderheiten des Landschaftsholzes schon gut kennen, wenn man einen Kessel bauen will, der daraus störungsfrei und zuverlässig Wärme erzeugen kann.

Sie betreiben mit ihrer Firma Energie Münchwilen AG noch zwei weitere Wärmeverbünde in Münchwilen und Eschlikon. Ist das Wärmegeschäft ihre Haupttätigkeit?

Hauptberuflich arbeite ich als Landwirt. Mit den Wärmeverbünden sind wir in den letzten zehn Jahren zunehmend ins Energiegeschäft eingestiegen. Meine ursprüngliche Motivation war das Bedürfnis, für das in meinem eigenen Wald anfallende Holz bessere Absatzmöglichkeiten zu schaffen. Das ist uns sehr gut gelungen, und die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass wir auf das richtige Pferd gesetzt haben.

Text: Christoph Rutschmann im Auftrag von Holzenergie Schweiz

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