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11. Sep 2023

Daniel Zeitler (links) und Fritz Epple Pelletsheizung mit Stirlingmotor. Bild: Dany

Mit der Kombination Pelletskessel und Stirlingmotor steht der Hersteller Ökofen allein auf weiter Flur. Bild: Ökofen

Daniel Zeitlers Strommanagement- und –speichersystem: oben Hybridwechselrichter, unten Batteriespeicher. Bild: Dany

Beispielhafter Jahresverlauf mit dem Ertrag einer Photovoltaik- (PV) Anlage und der Einsatzzeit der Heizung. Deutlich wird die komplementäre Wirkung einer stromerzeugenden Heizung. Bild: Ökofen

Symmetrie, regionales Bauen mit Holz – Zeitlers umgebautes Haus ist ein Blickfang geworden. Bild: Dany

Unscheinbar, klein, aber fein: dachintegrierte Photovoltaikanlage. Bild: Dany

Der Microgen Stirlingmotor: (1) Stirlingkopf, (2) Wärmeüberträger, (3) Feder, (4) Verdrängerkolben, (5) Wassergekühlter Bereich, (6)Arbeitskolben, (7) Magnetband, (8) Kupferspule. Bild: Ökofen

Autark mit Strom aus Pellets und Sonne: Sich mit 100 % eigenem Ökostrom zu versorgen, ist noch eine Nische für Idealisten

(CD) Der Allgäuer Daniel Zeitler versorgt sich nicht nur selbst mit Wärme sondern auch mit Strom: Hierfür hat er ein vielseitiges Photovoltaiksystem und eine Strom erzeugende Pelletsheizung angeschafft. Mit der Kombination Pelletskessel und Stirlingmotor steht der Hersteller Ökofen allein auf weiter Flur, denn die Stirling-Technologie hat es schwer, sich zu behaupten.

Mit viel Sinn für Nachhaltigkeit und regionaltypisches Bauen hat Daniel Zeitler das Handwerkerhaus seiner Grosseltern renoviert und zu seinem Wohnhaus umgebaut. Um gegen die hier in Nesselwang am Alpenrand manchmal strengen Winter gewappnet zu sein, liess er vor knapp drei Jahren nicht nur eine neue Heizung einbauen, sondern ein umfassendes Energiesysten für Wärme und Strom: Es besteht aus einer Strom erzeugenden Pelletsheizung sowie einer Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher und Elektroheizstab fürs Warmwasser.

Das ist für mich ein rundes System
„Im Winter, wenn ich die Wärme brauche, läuft der Pelletskessel und erzeugt gleichzeitig Strom“, stellt Zeitler heraus, „im Sommer hab ich die Photovoltaikenergie und mache damit Warmwasser. Das ist für mich ein rundes System.“ Fritz Epple nennt es ein „harmonierendes Sektorkopplungs-System“, das die im Allgäu reichlich vorhandenen Ressourcen Holz und Sonnenenergie nutzt. Epple leitet das Energietechnik-Unternehmen, das die komplette Anlage bei Zeitler installiert hat.

215 m² Wohnfläche
Das massive Bruchsteinmauerwerk des 140 Jahre alten, an einem Hang liegenden Gebäudes liess Zeitler stehen und renovierte die Räume im Untergeschoss: Aus der früheren Schreinerwerkstatt wurden Küche und Wohnbereich. Das Obergeschoss aus Holz samt Dach wurde abgerissen und durch einen modernen Holzständerbau ersetzt. Somit verfügt das Haus jetzt über 215 m² Wohnfläche, wovon 71 m² auf eine Einliegerwohnung im zweiten Stock entfallen. Die unteren Geschosse bewohnt Zeitler mit seiner Partnerin Victoria Krämer. Am Beginn der Planungen informierte sich der Bauherr beim Nesselwanger „Naturbauforum“ und kam danach auch mit der Firma Epple in Kontakt.

Solar, Wärmepumpen und Holzheizungen
Die Epple GmbH im nahegelegenen Wald deckt das SHK-Handwerk und Elektrotechnik ab und setzt dabei voll auf erneuerbare Energien; vor allem Solar, Wärmepumpen und Holzheizungen. Im Pelletsbereich arbeitet die Firma mit 50 Mitarbeitenden vorwiegend mit dem österreichischen Hersteller Ökofen zusammen. Zur Beheizung des Bürogebäudes betreibt Epple selbst in seinem Ausstellungsraum den Strom erzeugenden Ökofen-Kessel Pellematic Condens_e. So konnte sich der Informationstechniker Zeitler gleich um die Ecke die Pelletsheizung mit Stirlingmotor anschauen.

Microgen-Stirlingmotor
Bei diesem System wird ein Microgen-Stirlingmotor oben auf den serienmässigen Brennwertkessel mit bis zu 16 kWth Spitzenleistung aufgesetzt. Stirling- sind abgasfreie „Heissluftmotoren“, die mit von aussen zugeführter Wärme funktionieren. Im Vergleich zu Verbrennungsmotoren benötigen sie wegen des geschlossenen Kreislaufs – wie bei einem Kühlschrank – weniger Wartungsaufwand: Moderne Stirlingmotoren kommen gänzlich ohne Schmieröl aus. Beim Microgen-Stirling wird das Arbeitsgas Helium durch die Verbrennung der Pellets erhitzt, wodurch es sich ausdehnt. „Durch die Kühlung auf der Gegenseite entsteht eine Druckwelle, die einen Arbeitskolben bewegt. Der Kolben induziert direkt Wechselstrom in die umgebende Kupferspule“, erklärt Produktmanager Philipp Tomaschko von Ökofen Deuschland die hier eingesetzte Freikkolbentechnik.

Erhitzerkopf an die Pelletsfeuerung adaptiert
Die Microgen Engine Corporation hat ihren Stammsitz in den Niederlanden, produziert werden die Motoren in China. Tomaschko zufolge habe Ökofen zusammen mit Microgen den Erhitzerkopf an die Pelletsfeuerung adaptiert, um das Anhaften von Flugasche-Partikeln zu vermeiden. Zusätzlich sei ein spezielles Reinigungssystem entwickelt worden: „Nach jedem Neustart der Anlage und bei jedem Saugvorgang des Kessels bewegt eine Hebe-/Senkvorrichtung den Stirlingmotor auf und ab. Dadurch werden am Erhitzerkopf anhaftende Partikel abgereinigt und in die Aschelade befördert. Diese Weiterentwicklungen ermöglichen dasselbe Wartungsintervall wie bei einem Pelletsbrennwertkessel, nämlich einmal pro Jahr.“

Maximal 800 Watt
Laut Typenschild leistet der Microgen Stirling eigentlich 1.0 kWel. Zeitlers Gerät kommt im Pelletsbetrieb auf maximal 800 Watt. „Die Leistung ist abhängig von der Temperaturdifferenz“, weiss Epple, „wenn die Rücklauftemperatur höher wird, geht die Leistung zurück. Bei Heizkörpern hätte der Stirling nur 600 Watt.“ Zeitler hat seit dem Umbau eine Fussbodenheizung. Mit deutlich unter zehn Prozent fällt der elektrische Wirkungsgrad des Stirlings sehr niedrig aus. Dem hält Tomaschko jedoch entgegen: „Durch die kleine Leistung von bis zu 800 Watt ist die Anlage optimal für das Einfamilienhaus ausgelegt. In der Kombination mit einer Photovoltaikanlage und einem Batteriespeicher kann so ganzjährig Eigenstrom aus Sonne und Pellets erzeugt werden.“

Mit Winter-Ergänzung zu 100 % Unabhängigkeit
Den Pellets-Stirling sieht Tomaschko dabei als Komplementärstück des Systems für die Wintermonate: „Durch eine PV-Anlage wird rund 30 % des Strombedarfs eines Einfamilienhauses gedeckt. Als ideale Ergänzung dient der Stromspeicher, der rund 70 % Unabhängigkeit ermöglicht, denn dadurch kann der Sonnenstrom auch genutzt werden, wenn die Sonne längst Feierabend hat“, erläutert der Umwelt- und Verfahrenstechnik-Ingenieur, „mit dem durch die Pelletsheizung angetriebenen Stirlingmotor erreicht man bis zu 100 % Unabhängigkeit.“ Bei Ökofen werde das Energiekonzept „myEnergy365“ bezeichnet. Es lasse sich auch Schritt für Schritt verwirklichen: „Eine vorhandene PV-Anlage kann integriert oder der Stirlingmotor auch später noch nachgerüstet werden.“ Hierfür werde der Heizkessel Pellematic Condens mit vorbereiteten Schnittstellen an der Steuerung und Hydraulik zu einem unmerklichen Mehrpreis in einer „eReady“-Version angeboten.

3.8 kW Photovoltaik
Zeitler entschied sich jedoch dafür, im Zuge des Umbaus gleich ein „Ganzjahres-System“ aufzubauen: Auf dem Süddach liess er eine dachintegrierte PV-Anlage mit 3.8 kWel errichten. Ihm ist klar, dasss dies für ein Zweifamilienhaus relativ klein ist: „Mittelfristig hab ich vorgesehen, auf einem Nebengebäude ein zweites Solarfeld etwa in gleicher Grösse zu installieren. Hier muss aber erst das Dach saniert werden.“ Über einen Fronius-Hybridwechselrichter wird überschüssiger Gleichstrom von der PV-Anlage direkt in einen Batteriespeicher geladen. Der Hybridwechselrichter dient neben der Umwandlung in Wechselstrom auch als Batterieregler für den 11-kWh-Speicher des Herstellers BYD.

Fronius und Ökofen kommunizieren miteinander
Die notstromfähige Kombination Fronius/BYD habe bei einem kurzzeitigen Stromausfall in Nesselwang schon mal ihre Vorzüge ausspielen können: „Da war unser Haus das einzige weit und breit mit Licht“, sagt Zeitler, „Eingangspunkt des Systems ist ein intelligenter Zähler (Smart Meter). Die Regelungen von Fronius und Ökofen kommunizieren miteinander und steuern die Energieflüsse nach Bedarf.“ Auf der Visualisierungs-App zeigt er den Verlauf eines sonnigen April-Samstags: „Am Morgen läuft der Stirlingmotor an. Dann kommt Solarstrom dazu, bis gegen Mittag die Batterie voll ist. Daraufhin wandert die Energie in den Heizstab, bis der Temperatur-Grenzwert des Pufferspeichers erreicht ist. Erst danach wird Strom ins Netz eingespeist.“

Eigenverbrauchsquote von 97 % und einen Autarkiegrad von 74 %
Das System verfügt über einen dreiphasigen Heizstab, der einen 1000-Liter-Pufferspeicher belädt. Durch die Vorrangigkeit von Hausnetz, Batteriespeicher und Heizstab tendiert die Stromeinspeisung aus dem Pellets-Stirling gegen Null. „Da die PV-Anlage sehr klein und der Batteriespeicher relativ gross dimensioniert ist, verbrauche ich praktisch alles, was ich produziere, selbst“, unterstreicht Zeitler, „ich hab eine Eigenverbrauchsquote von 97 % und einen Autarkiegrad von 74 %.“ Fritz Epple wirft ein, dass sich diese Werte auf zwei Haushalte beziehen: „Für so eine kleine PV-Anlage ist der Autarkiegrad sehr gut. Eine grössere PV-Anlage würde den Wert zwar schon auf rund 90 % verbessern, aber dann würde man mehr Strom einspeisen, was kaum noch wirtschaftlich wäre.“ Durch die Inbetriebnahme im Jahr 2020 erhält Zeitler für den eingespeisten Überschussstrom 8.4 Cent/kWh. Für Neuanlagen liegt der Tarif ähnlich hoch.

„Nischenprodukt“
Kostenmässig gliedert sich Zeitlers Energiesystem in einen Pelletsheizungs- und einen Solarstrom-Teil. Ersterer umfasst die ganze Installation im Heizraum – im wesentlichen 12-kWth-Pelletskessel mit Stirlingmotor, Pufferspeicher und Frischwassermodul – und schlägt mit knapp über 40‘000 Euro zu Buche. Zeitler ersetzte mit der Pelletsheizung einen Ölkessel und konnte hierfür eine Förderung in Anspruch nehmen. Auf den Stirlingmotor entfallen rund 12‘000 Euro. Laut Ökofen-Produktmanager Tomaschko liege der Preis inzwischen bei über 13‘000 Euro. „Aufgrund der längeren Amortisationszeit ist der Pellematic Condens_e mit Stirling kein Produkt für die breite Masse, sondern ein ‚Nischenprodukt‘ für Menschen, die unabhängig und ökologisch Strom und Wärme im Eigenheim erzeugen möchten“, erläutert er.

Batteriespeicher und Elektroheizstab
In die PV-Anlage inklusive Batteriespeicher und Elektroheizstab investierte Zeitler rund 22‘000 Euro. Weil die Mietwohnung erst im Herbst letzten Jahres bezogen wurde, kann er den Pelletsverbrauch nur grob auf drei Tonnen im Jahr schätzen. Der Stirlingmotor verursacht bei der Wartung kaum einen Mehraufwand und den Pellets-Mehrverbrauch überschlägt Epple auf unter 200 kg/a. In den bisherigen drei Heizperioden kam der Stirlingmotor auf eine Laufzeit von 4520 Stunden. Mit 1500 Jahresstunden im Schnitt rechnet Epple auch in seinen Wirtschaftlichkeitsberechnungen. „Ich muss am Anfang in Vorleistung gehen, aber hinterher hab ich mit meinem hohen Autarkiegrad eine Versicherung gegen hohe Energiepreise“, argumentiert Zeitler. Er habe kalkuliert, dass sich die Investition bei gleichbleibenden Strompreisen im Lauf der Lebensdauer von rund 20 Jahren gerade so amortisiere. Bei steigenden Preisen sei das Gesamtsystem eindeutig wirtschaftlich und da geben ihm die letzten Monate natürlich Recht: „Wenn ich mir jetzt die Strompreise anschaue, war es definitiv die richtige Entscheidung.“


Autarkieanforderungen
Die Voraussetzungen für einen vollautarken, netzunabhängigen Betrieb in Kombination mit dem Pellets-Stirling-Gerät Pellematic Condens_e von Ökofen sind:

  • Der Heizwärmebedarf des Gebäudes beträgt circa 10-16 kWth
  • Die Mindestauslegung der PV-Anlage sollte 5 kWel betragen
  • Das Mindestpuffervolumen ist 1000 l
  • Die Nennkapazität des Stromspeichers beträgt mindestens 12 kWh (nutzbar 9,6 kWh)
  • Ab zwei sonnenarmen Tagen hintereinander darf der Stromverbrauch maximal 10 kWh/Tag betragen
  • Zur Laufzeitverlängerung und für Schlechtwetterphasen wird eine Wärmesenke benötigt (Pool, beheizbare Kellerräume oder Änliches)
  • Die PV-Anlage darf nicht anhaltend schneebedeckt sein

Anschaffung Elektroauto
„Irgendwann einmal“, sagt Zeitler, werde er auch über die Anschaffung eines Elektroautos nachdenken. Dann könnte das zweite PV-Feld akut werden. Bis dahin sieht er keinen Bedarf, sein Energiesystem zu erweitern. Zwar strebt der Allgäuer eine möglichst hohe Unabhängigkeit vom Energieversorger an, sein Haus voll autark zu betreiben und vom Stromnetz zu nehmen, hat er aber nicht vor. Für einen Betrieb ohne Netzanschluss müssten noch eine Reihe von Mindestanforderungen beachtet werden (siehe Kasten).

Stirlingmotor nachzurüsten?
„Der Inselbetrieb hat andere Anforderungen. Es bräuchte einen anderen Systemaufbau“, stellt Epple klar. Er hat einen anderen Kunden, der ein Zweifamilienhaus off-grid versorge, wozu wesentlich mehr PV-Leistung und Speicherkapazität als bei Zeitler erforderlich sei. „Wir haben hier einen inselfähigen Wechselrichter und 48-Volt-Lithiumspeichertechnik“, sagt der Erneuerbare-Energien-Experte. Den Pelletskessel habe der Kunde schon. Nun überlege er, den Stirlingmotor nachzurüsten. Epple: „Sich zu 100 % mit PV-Strom zu versorgen, ist schwierig. Da kann der Stirling schon unterstützen. Noch sind solche Kunden selten, doch langsam werden es mehr.“

©Text: Christian Dany

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