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20. Nov 2022

Konkret schlägt Holzindustrie Schweiz als Ziel vor, dass bis 2030 jährlich 1 Million Kubik mehr Rohholz für den Schweizer Markt bereitgestellt werden soll. Bild: Holzindustrie Schweiz

Zum ersten Mal wurden die Schweizer Rohholztagung und die Jahrestagung von Holzindustrie Schweiz als Schweizer Holzindustrie-Kongress in einem Format zusammengelegt. Bild: Holzindustrie Schweiz

Schweizer Holzindustrie-Kongress: „Uns geht das Rundholz aus!“ - jährlich zusätzlich 1 Mio. Kubik Rohholz für den Schweizer Markt -

(Holzindustrie Schweiz) Am ersten Schweizer Holzindustrie-Kongress stand die drohende Knappheit von geerntetem Rohholz im Zentrum. Vor allem die Ernte von Nadelstammholz ist rückläufig, während sowohl der Bedarf an Rohholz als auch der Holzvorrat in den Wäldern steigt. Deshalb fordert Holzindustrie Schweiz, dass bis 2030 jährlich 1 Million Kubik mehr Rohholz für den Schweizer Markt bereitgestellt werden soll.

Die Referenten und Podiumsteilnehmenden begrüssten diese Zielsetzung und beurteilten sie als realistisch. Als Herausforderungen wurden vor allem die sich verändernde Zusammensetzung der Baumarten und der verfügbaren Sortimente, aber auch die teure Erschliessung neu zu nutzender, jedoch unwegsamer Waldpartien genannt. Sorge bereitet auch die Tatsache, dass der Energieholzanteil immer grösser wird, was dem Prinzip der nachhaltigen Kaskadennutzung entgegenläuft. Die Kantone sind zudem aufgefordert, sich betreffend der Mitwirkung bei Förderprogrammen besser mit dem Bund abzustimmen.

Neues Format
Zum ersten Mal wurden die Schweizer Rohholztagung und die Jahrestagung von Holzindustrie Schweiz als Schweizer Holzindustrie-Kongress in einem Format zusammengelegt. So bedeutungsschwer wie die Umgebung des Flüeli Ranft mit dem altehrwürdigen Jugendstil-Hotel Paxmontana waren auch die Inhalte dieser Tagung.

Wenig Entwarnung bezüglich der Strommangellage
Frank Rutschmann, Leiter Sektion erneuerbare Energien im Bundesamt für Energie BFE, befasste sich im ersten Referat mit der Energiepolitik zwischen Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Zuerst aber gab er ein wenig Entwarnung betreffend einer möglichen Strommangellage in diesem Winter: Die Stromversorgung scheint gegeben, bei Gas und Öl sind ebenfalls keine drastischen Defizite zu erwarten, und auch die Versorgung mit Energieholz ist aktuell allgemein sichergestellt. Knapp werden könnte es hingegen im Winter 23/24, vor allem was den Strom betrifft. Zu beobachten ist aber auch die Situation beim Energieholz. „Das Energieholzpotenzial ist mit dem aktuellen Zubau von Holzenergie-Anlagen allmählich ausgeschöpft“, sagt Rutschmann. Deshalb sei der Bund daran, die Potenziale zu überprüfen. Für ihn ist indes klar: „In Zukunft soll Holzenergie nicht mehr in erster Linie zur Wärmebereitstellung, sondern für die Dekarbonisierung der industriellen Hochtemperatur-Prozesswärme verwendet werden.“

„Uns geht das Rundholz aus!“
Auch wenn es unmittelbar keine Mangellage geben sollte – die enormen Preissprünge in der Energiewirtschaft schaffen grosse Probleme. Dies sieht auch Roger Braun, General Manager der Swiss Krono AG in Menznau – ein Unternehmen, das so viel Strom braucht wie 50‘000 Zweipersonenhaushalte. Bereits plant Swiss Krono, innert 2-3 Jahren ca. 45% dieses Strombedarfes mit Dampfturbinen zu produzieren. Roger Braun treibt aber noch ein anderes Problem um: Die Rohstoffversorgung. Problematisch sei vor allem, dass über die Hälfte der Holzernte direkt in die Gewinnung von Holzenergie fliesse und verbrannt werde. Dabei könnte Swiss Krono gerade das Sägerei-Restholz gut gebrauchen. Für ihn ist klar: „Den Sägern und uns geht das Rundholz aus!“

Vom Angebots- zum starken Nachfragemarkt
Dies bestätigt auch Patrick Brühwiler, Verantwortlicher Rundholz-und Energieeinkauf bei der August Brühwiler AG in Balterswil: „Die Nachfrage nach Rundholz und Energieholz aus der Schweiz steigt“, sagt er. Allein die August Brühwiler AG hat die Einschnittmenge seit 2014 um ca. 70% erhöht. Besonders eindrücklich ist für ihn, wie rasch der Energieholzmarkt von einem Angebotsmarkt zu einem starken Nachfragemarkt mutiert ist. Sein Fazit: „Wenn die Nachfrage nach Rundholz nicht gesättigt werden kann, wird der Schwung, in dem sich die Schweizer Holzkette gerade befindet, ausgebremst.“ Auch Patrick Brühwiler erfüllt dabei mit besonderer Sorge, dass der Sägeholzanteil kleiner und der Energieholzanteil im Vergleich zur gesamten Holzernte grösser geworden ist.

Ernte von Nadelstammholz ist rückläufig
Dass die Swiss Krono und die Brühwiler AG keine Einzelfälle sind, zeigt eine Kurzumfrage, die Holzindustrie Schweiz unter ihren Mitgliedern durchgeführt hat. Von 31 Sägewerken, darunter die meisten Grossbetriebe, meldeten 13 Unternehmen einen gleichbleibenden Bedarf und 18 Unternehmen einen zusätzlichen Bedarf in den nächsten Jahren von insgesamt 450‘000m3 sägefähigem Rundholz. Deshalb ist auch für Thomas Lädrach, Präsident Holzindustrie Schweiz, offensichtlich: Wir brauchen mehr Rundholz! Denn vor allem die Ernte von Nadelstammholz ist rückläufig, während sowohl der Bedarf als auch der Holzvorrat in den Wäldern steigt. Konkret schlägt Holzindustrie Schweiz als Ziel vor, dass bis 2030 jährlich 1 Million Kubik mehr Rohholz für den Schweizer Markt bereitgestellt werden soll. Dass dieses Ziel realistisch ist, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass damit die Holzerntemenge von 2010 gerade beim Nadel-Stammholz noch nicht erreicht sein wird. „Es geht also lediglich darum, etwas wieder zu tun, was wir schon mal machten“, sagt Lädrach.

Auch Nachfrage nach Energieholz sehr hoch
Auch in der an die Referate anschliessenden Podiumsrunde unter der Leitung von Michael Gautschi, Direktor Holzindustrie Schweiz, war man sich einig über den steigenden Nachfragetrend. Während in Bundesbern die Dekarbonisierung als Treiber gilt, ist allgemein auch das verdichtete Bauen ein wichtiges Element, das eine zusätzliche Nachfrage generiert. André Halter, Geschäftsführer des Forstbetriebs der Korporation Giswil, bestätigte derweil, dass auch im Forst die Nachfragezunahme klar spürbar ist – einerseits beim Nadelrundholz, vor allem aber auch beim Energieholz. Für Andrea Florinett, Geschäftsleiter der Florinett AG, ist klar, dass der Nachschub aus Deutschland nachlassen wird, so dass der Nachfragedruck auf die Schweizer Wälder zusätzlich steigen wird.

Mittelfristige Steigerung von Rohstoffpreisen erwartet
Auch die Erfüllbarkeit der Forderung nach 1 Million mehr Rohholz jährlich war unbestritten – sowohl auf Seiten der Holzindustrie wie auch auf Seiten der Waldwirtschaft. „30 000 Kubikmeter wären allein in Obwalden zusätzlich zu haben, wenn 15 – 20 Franken zusätzlich im Wald ankommt“, sagte der Obwaldner Regierungsrat und Präsident der der KWL, Josef Hess. Auch Valentin Stäheli, Leiter Rundholzeinkauf bei Schilliger Holz AG, erwartet eine mittelfristige Steigerung der Rohstoffpreise. „Es darf aber nicht sein, dass es wegen mangelndem Rohstoff zu einer Kannibalisierung zwischen den Energie-, Industrie- und Rundholzverarbeitern kommt“, sagte er.

Neue Erschliessungsstrassen in Bergregionen
Neben den Auseinandersetzungen an der Preisfront gilt es derweil, ganz praktische Herausforderungen zu meistern. Für Michael Reinhard, Leiter Abteilung Wald des BAFU, ist klar, dass Holznutzungspotenzial vor allem in Regionen liegt, wo dank Starkholzvorkommen mit sanfteren Eingriffen ein grösseres Volumen geerntet werden kann – „dies jedoch mit angepassten Ernteverfahren, da man nicht mehr mir frostharten Böden rechnen kann.“ Auch ändert sich die Zusammensetzung der Baumarten, so dass – wie Josef Hess ausführte – „über vermehrte Nutzungsmöglichkeiten von Laub-Stammholz nachgedacht werden sollte.“ Sowohl Andrea Florinett als auch André Halter wiesen auf die Schlüsselrolle der Walderschliessung hin. „Die Erstellung von einem Kilometer Waldstrasse in Bergregionen kostet 600‘000 Franken“, gab André Halter zu Bedenken, und: „Es braucht neue Waldstrassen, um bisher nicht genutzte Potenziale zu erschliessen.“ Andrea Florinett ergänzte: „In den Bergregionen ist zusätzlich die Erntezeit verkürzt, und es gibt Nutzungs- Konfliktpotenzial seitens des Tourismus und des Sports.“ Umso wichtiger ist es, so Michael Reinhard, „dass sich die Kantone fein mit dem Bund abstimmen, was die Beteiligung und Mitfinanzierung von Förderprogrammen betrifft.“

Vorratsabbau kein Tabu
Zum Schluss stellte sich noch die Frage, ob es schlussendlich die Hiebsatzpolitik der Kantone sei, die der vermehrten Holznutzung einen Riegel schiebt. In Bezug auf den Kanton Obwalden konnte Josef Hess Entwarnung geben mit dem Hinweis, dass die Holzernte unter dem Hiebsatz liege. André Halter räumte jedoch ein, dass man in Giswil mit der Nutzung schon nahe am Hiebsatz dran sei. Thomas Lädrach schloss denn auch die Podiumsdiskussion mit dem Votum, dass trotz den auf Vorratserhalt ausgelegten Hiebsätzen auch ein Vorratsabbau kein Tabu sein darf – mindestens dort, wo der Vorrat heute sehr hoch ist.

Text: Holzindustrie Schweiz

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