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24. Aug 2018

Schoggbröckli mit Goldsprenkel, so schön kann verdichtetes Bauen sein. ©Bild: Kämpfen für Architektur

Die Balkone verlaufen über die gesamte Süd-, Ost- und Westseite und glitzern im Sonnenlicht goldgrün: Sie sind mit insgesamt 288 polykristallinen Solarmodulen mit einer Leistung von insgesamt 56 kW verkleidet. ©Bild: Kämpfen für Architektur

Auch viel Holz in den grosszügigen Räume, die auch durch die grosszügigen Balkonbänder noch grösser wirken. ©Bild: Kämpfen für Architektur

Schimmern je nach Lichteinfall golden-grün, die Photovoltaik-Balkonbrüstung. ©Bild: Kämpfen für Architektur

Trotz der Verdichtung immer noch genügend Platz für eine naturnahe Gartengestaltung. ©Bild: Kämpfen für Architektur

Die beiden Mehrfamilienhäuser sind ineinander verzahnt, so dass sie eine Einheit bilden. ©Bild: Kämpfen für Architektur

Architektur: Mit Gold verzierte Schoggibröckli in Altstetten – so schön und effizient können Ersatzbauten sein

(AN) Schoggibraun mit Goldsprenkeln, und dazu noch nachhaltig und erneuerbar: Die im Holzelementbau erstellten Minergie-P-Eco zertifizierten Mehrfamilienhäuser an der Zwyssigstrasse in Zürich werden mit dem Zweierteam Solarkollektoren und Pellets beheizt. Eine Erdsonde kühlt oder wärmt die Luft fürs Lüftungsgerät. Die goldgrün schimmernden Fassadenbrüstungen liefern zudem Strom.


Verdichtetes Bauen, wer kennt das nicht. Leider werden allzu oft alte Quartiere mit phantasielosen Ersatzneubauten verstopft, die sowohl innen als auch aussen schweizweit grösstenteils deckungsgleich sind. Und wie siehts dabei mit der Kreativität oder dem architektonischen Ausdruck aus? Fehlanzeige. So schlecht kann Architektur sein. Nicht so an der Zwyssigstrasse 7 und 9 in Zürich-Altstetten: Hier wurden zwei Mehrfamilienhäuser aus den 1950er Jahren ersetzt. Der u. a. für architektonisch hochstehende Renovationen mit klugen Energiekonzepten bekannte Architekt Beat Kämpfen beschreibt die vorgefundene Situation wie folgt: „Einerseits konnte das Grundstück massiv verdichtet werden, andererseits war die vorhandene Bausubstanz nicht erweiterbar.“

Aus 19 werden 28
Innerhalb von zwei Jahren plante das Team von Kämpfen für Architektur aus Zürich zwei Ersatzneubauten. In nur eineinhalb Jahren wurden die beiden Gebäude errichtet, die sowohl punkto Grundriss, Integration ins Quartier, Nachhaltigkeit des Baumaterials, Energieversorgung aber auch Kreativität in der Topliga mitspielen. Die beiden winkelförmigen Gebäude, die insgesamt 28 Wohnungen umfassen, sind ineinander verzahnt und bilden ein Ensemble mit einem vielfältig gegliederten Aussenraum. Vor dem Neubau standen 19 Wohnungen zur Verfügung. Vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss gibt es nun je zwei Wohnungen mit jeweils 4.5 Zimmern, die an den Flanken angeordnet sind und nach drei Himmelsrichtungen ausgerichteten Wohnraum bieten. In der Mitte sind zwei kleinere Wohnungen mit 2.5 bzw. 3.5 Zimmern eingeschoben. In den Attikageschossen wurden je zwei grosszügige 5.5-Zimmer-Wohnungen untergebracht.

Die Goldschleifen
Die Balkone verlaufen über die gesamte Süd-, Ost- und Westseite und glitzern im Sonnenlicht goldgrün: Sie sind mit insgesamt 288 polykristallinen Solarmodulen mit einer Leistung von insgesamt 56 kW verkleidet. Gebäudeseitig sind sie mit einer dunklen transparenten Folie versehen. Diese Module produzieren jährlich rund 25'000 Kilowattstunden Strom, der übers Jahr gerechnet 60% des Stroms für die Haustechnik deckt, der Überschuss wird ins Netz eingespiesen. Die Goldsprenkel finden sich auf der Nordseite in den goldenen Fensterrahmen wieder. Die grosszügigen Balkonbänder vergrössern im Innern die Räume und lassen die Gebäude von aussen weniger gross erscheinen.

Zweierkombination ergänzt durch Erdsonde
In Bezug auf Heizung, Kühlung und Warmwasser setzte Beat Kämpfen auf ein Zweierteam: Für Heizwärme und Warmwasseraufbereitung sind die auf dem Dach der beiden Mehrfamilienhäuser installierten insgesamt 83 m² Hochleistungsflachkollektoren von Soltop zuständig. Pro Gebäude wurden je ein 6000-Liter-Systemspeicher sowie ein 400-Liter-Brauchwasserspeicher mit Frischwassersteuerung eingebaut. „Der Ertrag der Kollektoren deckt in erster Linie den Warmwasserbedarf. Der Solaranteil der Heizung ist nicht sehr hoch. Da die Gebäude jedoch sehr gut gedämmt sind, müssen wir im Winter nur von November bis ca. Februar heizen“, erklärt Markus Hänzi von hässig sustech gmbh, die für Heizungs- und Lüftungsplanung zeichnen. Zudem wurde pro Haus je eine 220 Meter tiefe Erdsonde abgeteuft, mit der die Aussenluft der Lüftung vorgewärmt oder vorgekühlt werden kann. So wird zum Beispiel die Luft, die auf dem Dach im Sommer angesogen wird, auf 21 Grad abgekühlt, damit nicht noch zusätzliche Wärme in die Räume gelangt. Im Winter wird sie so temperiert. Die Attikawohnungen kann auch über die Fussbodenheizung zusätzlich im Sommer gekühlt werden. In der Heizzentrale stehen zudem zwei in Kaskade geschaltete 48-kW-Pelletheizungen. Sie unterstützen die Solarkollektoren in der kältesten Jahreszeit und an nebligen Tagen. Die Pellets werden in zwei Pellelagern von 26.5 m3 gelagert. Bilanztechnisch gerechnet, sind die Minergie-P-Eco-Häuser Null-Heizenergiegebäude.

Hochgedämmte Fassade
Die Holzelementbauweise erlaubt nicht nur zeitsparendes Bauen, sondern auch sehr effizientes Dämmen: Die Aussenwände sowie die Dächer der Attika wurden bereits beim Holzbauer mit 240 mm dicker, die tragenden Innenwände mit 200 mm dicker und die nichtragenden Innenwände mit 100 mm dicker Steinwolle von Flumroc gedämmt. Selbstverständlich verfügen die Gebäude auch über kontrollierte Lüftungssysteme: Die Zu- und Abluftströme können von der Wohnung aus mit einem 4-Stufen-Schalter manuell oder automatisch über den CO2-Fühler in der Abluft gesteuert werden. Die beiden viergeschossigen Gebäude stehen auf Untergeschossen, die zu 50% mit Recycling-Beton erstellt wurden. In der Tiefgarage ist Platz für 25 Autos und 70 Velos.


Technische Daten

Dämmung

  • Aussenwände: Hohlkastenelemente mit 240 mm dicker Flumroc-Steinwolle, innen aufgedoppelt mit einer ausgedämmten Installationsschicht von 80 mm, aussen: Windpapier, Hinterlüftungslattung 40 mm und Fassadenschalung 40 mm

  • Innenwände:
    1. Hohlkastenelemente mit 100 mm (nichttragend) resp. 200 mm (tragend) dicker Flumroc-Steinwolle ausgedämmt
    2. Mehrschichtplatten
  • Decke über EG, 1.OG, 2.OG:
    Brettsperrholzdecken 240 mm, Sichtschicht mit 50 mm breiten Lamellen
  • Decke über Attika / Dachzentrale:
    Hohlkastenelemente mit 240 mm dicker Flumroc-Steinwolle ausgedämmt, Sichtschicht mit Schulerplatten in AB-Qualität

Photovoltaik

  • Balkon-/Terrassengeländer:
    228 Solarmodule mit total 56 kW Leistung, in vorgängig montierte Stahlkonstruktion eingehängt und verklebt.
    Pro Gebäude ein Wechselrichter im Keller.

Heizung

  • Der Technikraum Haus 7 beherbergt die Wärmeerzeugung für beide Häuser.
  • Haus 9 wird via Fernleitung durch die Tiefgarage mit Wärme versorgt.

Wärmegewinnung Solekreis

  • Pro Haus 220 m tiefe Erdsonde, für vorzuheizen/vorzukühlen Aussenluft.
  • Freecooling der Attikawohnungen

Wärmeerzeugung

  • 2 Pelletkessel in Haus 7 mit je 48 kW Leistung mit Kaskadenschaltung.
  • 2 Pelletbunker bei Haus 7 mit je 26.5 m³ Nettovolumen

Solaranlage

  • Pro Gebäude eine solarthermische Anlage mit 39 m² (Haus 7) resp. 44 m² (Haus 9) Absorberfläche mit Hochleistungsflachkollektoren von Soltop.
  • Pro Gebäude ein 6000-Liter-Systemspeicher.
  • Pro Gebäude ein Brauchwarmwasserspeicher von 400 Litern mit Frischwassersteuerung und kompletter Solarsteuerung.

Kennwerte

  • EBZ 1835 m² + 1937 m² = 3772 m²

Lüftung

  • Pro Gebäude ist in der Dachzentrale ein zentrales Lüftungsgerät eingebaut.
  • Die Aussenluft wird in der Fassade der Dachzentrale gefasst und die Fortluft über Dach ausgestossen.
  • Die Aussenluft wird durch den Solekreis einer 220 m tiefen Erdsonde vorgeheizt/vorgekühlt

 
So schön kann verdichtetes Bauen sein!
„Ein Holzbau ist grundsätzlich rund 10% teurer als eine Massivbauweise, aber bei diesem Bau haben wir sehr kosteneffizient gearbeitet. Und die Wohnungen weisen auch einen entsprechenden Komfort bei verhältnismässig moderaten Mieten auf“, erklärt Beat Kämpfen. Die Wohnungen konnten denn auch alle in kürzester Zeit vermietet werden. Angenehmes Holz auch im Innern: Die Wohnräume sind mit Massivholzparkett aus Eiche ausgestattet. Die teilweise weiss lasierten Massivholzdecken und die Wände mit weiss gestrichenen Glasfasertapeten, die das grosszügige Erscheinungsbild abrunden. Auch die Umgebung ist naturnah gestaltet, was das Gesamtbild der „Schoggi-Häuser“ zusätzlich abrundet. So schön kann verdichtetes Bauen aussehen. Wir wünschten uns mehr davon!


©Text: Anita Niederhäusern, leitende Redaktorin ee-news.ch

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